Brighton Pier
Montag, 18. Januar 2010
Was muß eigentlich heute noch sein?
Seine Sie gewarnt, vor der Länge des Textes. Aber ich bin auch dafür länger unterwegs, als mir an einem Montag lieb ist.

Heute früh stehe ich wie sooft am Bahnhof, weil ich in eine andere Stadt fahren muß, um einen Termin wahrzunehmen. Doch was muß ich sehen, als ich ausreichend früh den Bahnsteig erreiche? ICE 0815 entfällt. Och nee, erst gestern Abend erfuhr ich in den Nachrichten davon, daß die ganzen Verspätungen und sonstige Störunge der Bahn zu etwa 90% nichts mit dem Winterwetter zu tun haben, sondern angeblich damit zusammen hängen, daß die Bahn aus Spargründen längst fällige Wartungsarbeiten an Technik und Material nicht mehr erledigt. So wollen es Christian Esser und Astrid Randerath herausgefunden haben und haben es in Ihrem Schwarzbuch Deutsche Bahn veröffentlicht. Mir erscheint der Bericht in den Nachrichten wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. So stand ich jetzt auf dem Bahnsteig und höre die Durchsage aus den Lautsprechern, aber die bestätigt nur das, was ich eh schon gelesen habe. Es gibt keinen Hinweis auf eine ausweichende Lösung. Doch die kommt nach etwa 15 Minuten in Form eines IC am Bahnsteig gegenüber. Doch bevor der Zug einfährt schicken unterschiedliche Ansagen vom Band die erstklassig Reisenden erst ans eine Ende des Bahnsteiges um Sie dann nach etwa 5 Minuten wieder ans andere Ende zu schicken. Was letztlich dann egal ist, weil soviele Menschen in den Zug drängen, so daß selbst Sitzplätze wie das Klo mit zwei Bahnreisenden besetzt ist. Alle anderen stehen dicht gedrängt in den Gängen und sogar in den Übergangsschleusen der Waggons. So fahren wir genau eine Station bis zum ca. 15 Minuten entfernten Regionalbahnhof, dann erschallt blechern über die Lautsprecher der Zugchef, der damit droht, man würde nicht eher weiterfahren, bis nicht 100 Mitreisende sich entschließen auf dem Regionalbahnhof zu Zurückgebliebenen zu werden. Nach etwa 15 Minuten entschließe ich mich auch auszusteigen, da ich damit rechne mit der S-Bahn zurück zum Hauptbahnhof fahren und in den nächsten ICE springen zu können. Ein Vabanquespiel. Ich setze auf die S-Bahn, wohlwissend, daß auch sie ein Unternehmen der Deutschen Bahn ist und nicht gerade zu den schnellsten gehört. Also das "S" steht in keinem Fall für "Schnell". Und so ist es auch, ich verpasse um exakt 5 Minuten den Nachfolge-ICE. Also muß ich eine knappe Stunde warten.
Während ich mein Warten in einem der Schnellcafés des Weltstadtbahnhofs verbringen möchte, suche ich erstmal nach einem, mit Steckdosen in der Nähe der Tische, da mein Notebook-Akku nicht mehr der ausdauernsde ist. Von 7 auf der Ebene hat keines Steckdosen. Auch so ein Ding. Das darauf die Ladenplaner nicht kommen, daß ungewollt wartende Reisende auch mal ein elektronisches Gerät mitführen, deren Batterien so schwach sind, wie die Servicebereitschaft der deutschen Bahn.
Aus Verzweifelung kaufe ich einen "Pott" Maschinenkaffee und einen Marmorkuchen. Danach ist mir schlecht. Bahnfahren übersäuert, lassen Sie sich das sagen.
Um irgendwie meinen Ärger zu kanalisieren gehe ich in den "Jungfrauen"-Store und kaufe mir das Schwarzbuch Deutsche Bahn. Und das werde ich jetzt ständig auf Reisen mitführen und immer demonstrativ auf den erkämpften Tischpaltz legen.

Endlich kommt der Nachfolgenachfolge-ICE. Meinen Termin habe ich auch bereits auf 2 Stunden nach hinten schieben können.
Das schönen aber an diesem Zug, es ist einer dieses ausrangierten Nobelzuges mit dem damaligen Namen "Metronom", der einige Jahre nur zwischen Köln und Hamburg pendelte. Anstatt 4 Sitze in einer Reihe wie im ICE, sind es hier nur 3. Und vom Design lehnen die sich an den Eames Lounge Chair an. Schön mit weichen Leder bezogen. Ansonsten ist der Rest der Zugausstattung komplett aus Buchenholz und Edelstahl. Ein Genuß.
Doch dieser Genuß währt nicht lange, hinter mir nimmt ein Vater mit seinem Kleinkind mit einem Namen wie hier ein (Suchen Sie sich einen Namen aus, er passt auf alle Fälle). Diesem Kind wird pausenlos alles erklärt und jede Entgegnung des Kleinen wird mindestens einmal wiederholt. Das halte ich nicht aus. Bob Marley hilft.
Plötzlich setzt sich, als wir an dem Regionalbahnhof halten, an dem ich heute schonmal ausgestiegen bin ein junger Mann vor mich. So eine Art Muttersöhnchen aus wohlhabenden Verhältnissen, denke ich, aber mit so komischen Gesicht und durchdringen Augen, so eine Art Habichtgesicht. Okay besser als diese schlimme Edelbrut, die hinter mir gerade den Klapptisch maltretiert, der auf der Rückseite meines Sitzes noch nicht so nachgibt, wie dieses Yuppiegezücht möchte.
Plötzlich werde ich durch zuckende Bewegungen meines Gegenübers auf ihn aufmerksam. Ich starre ihn an und überlege, ob der Habicht gerade mit einem unsichtbaren Angreifer ficht oder macht er vielleicht doch eher Tai Chi oder Qi Gong? Ich bin ratlos, muß ich helfen? Epilepsie ist eine ernstzunehmende Gefahr. Dann erkenn ich, daß er dazu die Lippen bewegt. Ich nehme die Kopfhörer ab um zu hören, was er mir sagen will. Aber der Habicht bleibt stumm. Er schaut mich an und hört mit dem Gehampel und dem Schürzen der Lippen auf. Dann kramt er in der Tasche herum und holt eine Partitur heraus. Aha, ein Sänger oder ein Dirigent. Alles gut, ich schaue dann zusammen weiter mit Bob Marley aus dem Fenster und frage mich, was heute noch so auf dem Plan der Überraschung steht...

Fortsetzung folgt, der Tag ist ja noch lang.

Update
Und es geht noch besser. Allerdings nichts, was mit der Deutschen Bahn zutun hat. Nachdem ich gerade wieder auf dem Rückweg, diesmal in der ersten Klasse, weil der Zug überfüllt ist, sitze, erreichen mich Emails, daß mein Auto gestohlen worden ist. Anscheinend wurde es von der Polizei sichergestellt. Ich bin gespannt, wie es aussieht, ich bin damit ja erst ganze 1.500 km gefahren. Alles nicht gut, gar nicht gut.

Update 2.0
Okay, gestohlen wurde es nicht, sondern einfach nur aufgebrochen und zumindest die sympathische Frauenstimme fehlt jetzt. Allerdings steht es jetzt irgendwo auf einem Polizeigelände in einer Gegend, wo ich eher erwarten würde, daß man dort Autos aufbricht.

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